Rektusdiastase schließen: Wie gezieltes Pilates-Training helfen kann

Demonstration der korrekten Bauchmuskel-Aktivierung bei Rektusdiastase durch gezieltes Pilates Core-Training

Der Spalt in der Mitte – Was eine Rektusdiastase wirklich ist und wie du sie schließt

Du stehst vor dem Spiegel und betrachtest deinen Bauch mit einer Mischung aus Frustration und Verwirrung. Obwohl du trainierst und dich gesund ernährst, will dieser kleine, aber hartnäckige „Mummy Tummy“ einfach nicht verschwinden. Schlimmer noch: Wenn du dich aufrichtest oder hustest, siehst du eine seltsame Wölbung oder einen Grat, der vertikal über deinen Bauch verläuft. Du legst deine Finger darauf und spürst tatsächlich eine Lücke zwischen den Muskeln.

Du bist nicht allein mit diesem Problem. Etwa 60% aller Frauen nach der Schwangerschaft und überraschenderweise auch viele Männer kämpfen mit diesem Phänomen: der Rektusdiastase. Es ist nicht deine Schuld, es liegt nicht an mangelnder Disziplin, und es ist definitiv kein „nur kosmetisches Problem“.

„Eine Rektusdiastase ist eine echte strukturelle Veränderung der Bauchwand“, erklärt Dr. Kari Bø, Professorin für Sportwissenschaften und eine der weltweit führenden Expertinnen für Beckenbodengesundheit. „Das Problem liegt nicht an der Oberfläche, sondern tief in der Körpermitte – und deshalb braucht es auch tiefgreifende Lösungen.“

Die gute Nachricht: Eine Rektusdiastase ist nicht unveränderlich. Mit dem richtigen Verständnis und gezielten Übungen, die auf Pilates-Prinzipien basieren, kannst du deine Körpermitte von innen heraus heilen und wieder zu voller Funktion und Stabilität finden. Aber Vorsicht – die falschen Übungen können das Problem verschlimmern.

Die Wissenschaft dahinter: Warum Crunches schaden und tiefes Training hilft

Was passiert wirklich in deinem Körper?

Um zu verstehen, warum herkömmliche Bauchübungen bei einer Rektusdiastase kontraproduktiv sind, müssen wir einen Blick ins Innere werfen. Stell dir deine geraden Bauchmuskeln (Musculus rectus abdominis) wie zwei parallele Kletterseile vor, die von der Brust zum Becken verlaufen. Normalerweise sind diese „Seile“ durch eine feste Bindegewebsnaht, die Linea Alba, miteinander verbunden.

Während der Schwangerschaft oder bei starker Gewichtszunahme wird dieses Bindegewebe gedehnt und ausgedünnt – als würde man ein Gummiband zu lange unter Spannung halten. Das Ergebnis: Die beiden Muskelstränge wandern auseinander, und zwischen ihnen entsteht ein Spalt.

„Die Linea Alba wird nicht nur breiter, sondern auch dünner und weniger belastbar“, erklärt Physiotherapeutin Dr. Sarah Ellis, die sich auf postnatale Rehabilitation spezialisiert hat. „Das ist wie ein T-Shirt, das an einer Stelle überdehnt wurde – es wird nicht automatisch wieder zur ursprünglichen Form zurückspringen.“

Der fatale „Druck-Fehler“ bei traditionellen Übungen

Hier kommt das große Missverständnis ins Spiel: Viele Menschen denken, sie müssten ihre Bauchmuskeln „stärker“ trainieren, um den Spalt zu schließen. Also beginnen sie mit Crunches, Sit-ups oder intensiven Plank-Übungen. Das Problem? Diese Übungen erhöhen den Druck im Bauchraum massiv.

Stell dir vor, deine Bauchdecke wäre ein Ballon mit einem kleinen Riss. Wenn du jetzt Luft hineinpumpst (den Druck erhöhst), was passiert mit dem Riss? Er wird größer. Genau das passiert bei falschen Bauchübungen: Der erhöhte intraabdominale Druck drückt die bereits getrennten Muskeln noch weiter auseinander.

„Ich sehe täglich Frauen, die monatelang intensives Bauchtraining gemacht haben und ihre Rektusdiastase dadurch verschlimmert haben“, berichtet Dr. Amanda Olson, Physiotherapeutin und Gründerin des Institute for Birth Healing. „Der Körper ist sehr ehrlich – er zeigt uns sofort, wenn wir etwas Falsches tun.“

Der „Korsett-Muskel“: Dein geheimer Superheld

Die Lösung liegt nicht in den oberflächlichen, sichtbaren Bauchmuskeln, sondern in der Tiefe: dem Transversus Abdominis (TVA). Dieser Muskel ist wie ein natürliches Korsett, das horizontal um deine Taille verläuft und deine Organe stützt.

Der TVA ist der erste Muskel, der sich bei jeder Bewegung aktiviert – noch bevor du dir dessen bewusst bist. Er stabilisiert die Wirbelsäule und reduziert den Druck auf die Bauchwand. Bei Menschen mit Rektusdiastase ist dieser Muskel oft „vergessen“ oder schwach.

„Der Transversus Abdominis ist wie der Dirigent eines Orchesters“, erklärt Pilates-Therapeutin Julie Wiebe. „Wenn er richtig funktioniert, arbeiten alle anderen Muskeln in Harmonie. Wenn er schwach ist, herrscht Chaos.“

Das Ziel ist es nicht, diesen Muskel zu „pumpen“, sondern ihn zu reaktivieren und ihm beizubringen, wieder seiner natürlichen Aufgabe nachzukommen. Pilates ist die einzige Trainingsmethode, die systematisch und gezielt an dieser Tiefenstabilisation arbeitet.

Die 3 sichersten Pilates-Übungen zur Aktivierung deiner tiefen Mitte

Wichtiger Hinweis vorab: Bei diesen Übungen geht es nicht um „Brennen“ oder Schwitzen. Es geht um feine, kontrollierte Ansteuerung und das Wiederentdecken von Muskeln, die du vielleicht schon vergessen hast. Qualität ist alles – ein sanftes, korrektes Training ist tausendmal wertvoller als ein intensives, falsches.

1. TVA-Atmung (Core Engagement Breath) – Die Grundlage von allem

Position: Liege bequem auf dem Rücken, Knie angewinkelt, Füße flach am Boden. Eine Hand liegt auf der Brust, eine auf dem Bauch.

Ausführung: Atme normal ein. Beim Ausatmen stelle dir vor, du würdest einen sehr dünnen Gürtel um deine Taille einen Zentimeter enger schnallen. Ziehe den Bauchnabel sanft zur Wirbelsäule, ohne den Atem anzuhalten. Die Hand auf der Brust sollte ruhig bleiben, nur die Hand auf dem Bauch sinkt leicht ein.

Warum es funktioniert: Diese Übung reaktiviert gezielt den Transversus Abdominis, ohne Druck zu erzeugen. Du lernst, zwischen oberflächlicher „Bauchpressung“ und tiefer Stabilisation zu unterscheiden.

Häufiger Fehler: Zu stark ziehen oder die Luft anhalten. Die Aktivierung sollte nur bei 20-30% deiner maximalen Kraft liegen – gerade genug, um sie zu spüren.

2. Heel Slides (Fersenschieben) – Stabilität bei Bewegung

Position: Gleiche Ausgangslage wie bei der TVA-Atmung.

Ausführung: Aktiviere sanft deinen TVA (wie in Übung 1). Behalte diese subtile Spannung bei und rutsche beim Ausatmen langsam mit einer Ferse am Boden entlang, bis das Bein fast gestreckt ist. Beim Einatmen zurück zur Startposition. Das Wichtige: Der untere Rücken bleibt am Boden, der Bauch bleibt flach.

Warum es funktioniert: Diese Übung fordert deine tiefe Stabilisation heraus, ohne die Rektusdiastase zu belasten. Du lernst, die Körpermitte zu stabilisieren, während sich die Extremitäten bewegen – genau das, was im Alltag gebraucht wird.

Stop-Signal: Sobald du spürst, dass sich dein unterer Rücken vom Boden löst oder dein Bauch sich nach oben wölbt, ist die Bewegung zu weit. Reduziere den Bewegungsradius.

3. Bent Knee Fall Outs (Knieöffnen zur Seite) – Beckenstabilität perfektionieren

Position: Rückenlage, beide Knie angewinkelt, Füße hüftbreit aufgestellt.

Ausführung: Aktiviere wieder sanft den TVA. Lass beim Ausatmen ein Knie kontrolliert zur Seite fallen, nur so weit, wie du die Aktivierung der tiefen Bauchmuskulatur halten kannst. Das andere Knie und das Becken bleiben völlig stabil. Beim Einatmen das Knie zurück zur Mitte führen.

Warum es funktioniert: Diese asymmetrische Bewegung ist eine hohe Herausforderung für deine tiefe Stabilisation. Das Becken will automatisch „mitrotieren“ – deine Aufgabe ist es, das zu verhindern und die Mitte ruhig zu halten.

Qualitätskontrolle: Lege eine Hand auf jede Hüfte. Wenn sich eine Hand bewegt, während das Knie zur Seite fällt, ist die Bewegung zu groß oder zu schnell.

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Die Realität der Heilung: Was du erwarten kannst

Wie lange dauert es wirklich?

Die ehrliche Antwort: Es kommt darauf an. Faktoren wie die Größe der Diastase, wie lange sie bereits besteht, deine Übungsroutine und sogar genetische Faktoren spielen eine Rolle. Studien zeigen jedoch ermutigende Ergebnisse:

  • Nach 8 Wochen gezielten Trainings zeigen sich meist die ersten messbaren Verbesserungen
  • Nach 12-16 Wochen berichten viele Frauen von deutlich verbesserter Stabilität und reduzierter Lückengröße
  • Nach 6-12 Monaten können auch größere Diastosen signifikant verbessert werden

„Wichtiger als die absolute Schließung der Lücke ist die Wiederherstellung der Funktion“, betont Dr. Diane Lee, eine Pionierin in der Behandlung von Rektusdiastase. „Eine kleine Lücke mit guter Funktion ist besser als eine ‚geschlossene‘ Diastase ohne Stabilität.“

Wann solltest du professionelle Hilfe suchen?

Während mildes bis mittleres Training zu Hause sehr effektiv sein kann, gibt es Situationen, in denen zusätzliche professionelle Beratung sinnvoll ist:

  • Lücke breiter als 3 Finger oder tiefer als 2 cm
  • Begleitende Beschwerden wie Rückenschmerzen oder Beckenbodenprobleme
  • Keine Verbesserung nach 12 Wochen korrekten Trainings
  • Unsicherheit bei der Übungsausführung

Häufige Mythen über Rektusdiastase – aufgeklärt

Mythos 1: „Das betrifft nur übergewichtige Frauen nach der Schwangerschaft“

Realität: Rektusdiastase kann jeden treffen. Faktoren wie Gewichtszunahme, chronischer Husten, falsche Atemtechnik bei schwerem Heben oder sogar genetische Veranlagung können eine Rolle spielen. Sogar schlanke Männer und nullipare Frauen können betroffen sein.

Mythos 2: „Wenn ich nur genug Crunches mache, wird es besser“

Realität: Crunches und ähnliche Übungen mit hohem intraabdominalem Druck können das Problem verschlimmern. Der Fokus muss auf tiefer Stabilisation liegen, nicht auf oberflächlicher Muskelkraft.

Mythos 3: „Operation ist die einzige wirkliche Lösung“

Realität: Während in schweren Fällen chirurgische Eingriffe notwendig sein können, zeigen Studien, dass konservative Therapie mit gezieltem Training in 80-90% der Fälle zu signifikanten Verbesserungen führt.

Mythos 4: „Das ist nur ein kosmetisches Problem“

Realität: Eine Rektusdiastase kann zu funktionellen Problemen führen: Rückenschmerzen, Beckenbodenprobleme, schlechte Haltung und reduzierte Rumpfstabilität. Es geht um weit mehr als nur das Aussehen.

Leben mit und nach einer Rektusdiastase: Praktische Alltagstipps

Bewegungen, die du vermeiden solltest

Bis deine tiefe Bauchmuskulatur wieder funktional ist, solltest du bestimmte Bewegungen meiden:

  • Klassische Crunches oder Sit-ups
  • Intensive Plank-Übungen (beginne mit modifizierten Versionen)
  • Schweres Heben ohne korrekte Atemtechnik
  • Plötzliche Rotationsbewegungen des Oberkörpers

Alltägliche Bewegungen richtig ausführen

Aufstehen aus dem Liegen: Rolle dich zur Seite und drücke dich mit den Armen hoch, anstatt gerade nach oben zu kommen.

Husten oder Niesen: Stütze deine Bauchdecke sanft mit den Händen und aktiviere den TVA vor dem Husten.

Heben: Aktiviere immer zuerst deine tiefe Bauchmuskulatur, bevor du etwas anhebst – egal wie leicht es ist.

Geduld, Präzision und der richtige Plan

Eine Rektusdiastase zu überwinden erfordert drei Dinge: Geduld, Präzision und den richtigen Plan. Es ist kein Wettlauf und kein Wettkampf. Es ist ein liebevoller Prozess der Heilung und Stärkung deiner Körpermitte – nicht nur für die Optik, sondern für deine gesamte Lebensqualität.

Die Wissenschaft ist klar: Mit dem richtigen Ansatz ist eine signifikante Verbesserung in den allermeisten Fällen möglich. Es geht nicht darum, deinen Körper zu „reparieren“ oder zu seinem „ursprünglichen Zustand“ zurückzubringen. Es geht darum, eine neue Version von Stärke und Stabilität zu entwickeln, die zu deinem Leben von heute passt.

Du bist nicht gebrochen. Dein Körper ist nicht fehlerhaft. Du hast einfach eine Herausforderung, die mit dem richtigen Wissen und den richtigen Werkzeugen lösbar ist.

Jeder Tag, an dem du bewusst und gezielt an deiner tiefen Bauchmuskulatur arbeitest, ist eine Investition in deine langfristige Gesundheit und dein Wohlbefinden. Die Reise mag manchmal langsam erscheinen, aber jeder kleine Fortschritt ist ein Sieg wert.


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Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Bei ausgeprägten Symptomen, anhaltenden Beschwerden oder Unsicherheiten solltest du einen Facharzt oder spezialisierten Physiotherapeuten konsultieren. Die in diesem Artikel beschriebenen Übungen sind für leichte bis mittlere Rektusdiastase geeignet und sollten schmerzfrei ausführbar sein.

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